Sucht kann süße Wurzeln haben

Über 130 Kinder erlebten am 28.10.2009 die Premiere des Projekts "Schokoholiker", mit dem der Kreis Bergstraße ab sofort gezielt junge Altersgruppen für das Thema Sucht sensibilisieren will. Ein Musical erklärt auf spielerische Weise die Entstehung von Abhängigkeiten und zeigt, welche Gefahren damit verbunden sind. Die Auftaktveranstaltung fand in der Felsenmeerschule in Reichenbach statt.

Für die Planung und Ausführung des Projekts ist das schulärztliche Team vom Heppenheimer Haus der Gesundheit verantwortlich. Unter der Leitung von Zahnärztin Reinhild Zolg wurde ein Konzept entworfen, das Kinder im Grundschulalter anspricht und zum Mitmachen animiert. Protagonisten sind der Musikclown Marcellino alias Marcello Martucci und die Bensheimer Suchtberaterin Marlies Wank, die ihre "Giftzwerge" Niko und Alko mitgebracht hatte. Der Glimmstängel und der Suffkopp sind die Hauptdarsteller ihres Präventionsprogramms, das bereits an vielen regionalen Schulen zu Gast war.

 Im Rahmen des Musicals sollen demnächst alle kreisweiten Grundschulen mit dem "Schokoholiker" Bekanntschaft machen, wie Matthias Wilkes bei der Premiere ankündigte: "Wer stark ist und nein sagt, kann Gefahren aus dem Weg gehen", betonte der Landrat in Bezug auf die Entwicklung von stabilen Persönlichkeiten, die einen souveränen Umgang mit Suchtstoffen und Genussmitteln beherrschen.

Am Beispiel eines "schokoladeabhängigen" Clowns zeigt Marcellino auf unterhaltsame Weise, wie schnell eine Substanz Besitz vom Menschen ergreifen und die gesamte Persönlichkeit verändern kann. In einfachen Liedern zum Mitsingen lernen die Kinder, wie eine Suchtkarriere ausgehen kann und wie man potenziellen Gefahren frühzeitig und erfolgreich aus dem Weg geht. Am Ende des Spiels gelingt es dem Gewissen (Marlies Wank), seinen Menschen gerade noch aus der Abwärtsspirale aus Suff und Qualm zu retten.

Bereits vor dem Start des Projekts hatten Kinder der Felsenmeerschule gemeinsam mit Marcello Martucci eine begleitende CD aufgenommen, mit deren Verkaufserlös der "Schokoholiker" weitergeführt werden soll. Die Anschubfinanzierung wurde vom Deutschen Verband für Gesundheitssportanbieter und der Lochmann-Stiftung übernommen.

Neben dem Musical hatte das Haus der Gesundheit gestern noch weitere Aktionen mitgebracht. An einer Cocktail-Bar mixte Beate Dorn-Seib vom zahnärztlichen Dienst alkoholfreie Drinks, die schmecken und den Kopf nicht vernebeln. Bei einem kleinen Parcours durch den Klassensaal erfuhren die Kinder, wie wackelig man sich mit ein paar Promille im Blut unterwegs ist - eine Rauschbrille machts möglich.

Alkohol in Lebensmitteln versteckt

"Ich bin zwei Mal mit dem Roller umgefallen. Das ist alles ziemlich verschwommen hier", kommentierte eine Erstklässlerin. Einer ihrer Schulkameraden konnte nicht recht verstehen, wie man sich freiwillig ein so "blödes Gefühl" antrinken kann.

In einer kleinen Ausstellung erfuhren Eltern und Kinder, in welchen Lebens- und Genussmitteln Alkohol versteckt ist. Pralinen und Schokoladen sind berüchtigte Beispiele. Aber selbst bei Speisequark, Sauerkraut und Salatsoßen sollte man genau das Kleingedruckte lesen.

Schulleiter Torsten Wiechman dankte allen Beteiligten für den Aktionstag. "Wenn einige Kinder ihr Verhalten künftig kritisch überprüfen, haben wir schon eine Menge erreicht." Die Felsenmeerschule ist vom Hessischen Kultusministerium als "gesundheitsfördernde Schule" ausgezeichnet worden. In Reichenbach gehören Bewegungspausen, gesundes Essen und Sport zum Alltag der Kinder.